Reisebericht Madagaskar, 1. Teil

Der Flug nach Madagaskar hat gut geklappt, guter Service, schlechter Film. So richtig los gings dann am Flughafen. Bis sich alle durch die Passkontrolle gekämpft hatten, verging schon ein Stündchen. Ohne Visum wäre es schneller gegangen, die Schlange war viel kürzer - aber das weiss man ja vorher nicht. Abgeholt wurde ich zusammen mit einem Ungarn Namens Erik - ein Service von der Reiseagentur PRIORI. Erik ist auch mit Fahrrad im Flugzeug und so vereinbaren wir ein Treffen um gemeinsame Aktivitäten zu planen. So lerne ich Thomas kennen, eine Internetbekanntschaft von Erik. Die beiden wollen zusammen in den Süden radeln. Erik hat allerdings einen so grossen Kulturschock von Tana (kurz für Antananarivo, die Hauptstadt), dass er kurzerhand den Rückflug bucht. So reise nun ich mit Thomas zusammen.Thomas ist Deutscher, will sich aber in Madagaskar niederlassen. Er war vor 10 Jahren schon einmal hier und hat damals neben Madagaskar auch halb Afrika bereist. Dies ist eine schöne Sache, so kennt er all die Früchte auf dem Markt, viele Pflanzen und hat sonst einige praktische Informationen. Er hat übrigens eine Homepage unter http://ravenala.de. Wir verstehen uns gut, obwohl er ein recht seltsamer Vogel ist. Selbst nach vier Wochen geht uns selten der Gesprächsstoff aus.

In der Hauptstadt bleibe ich bis zum 19. März. Tana ist ein typischer Drittweltmoloch. Viel Verkehr mit schlechten Fahrzeugen, die riesige Russwolken ausstossen. Die Stadt liegt im Hochland und ist auch sehr gebirgig. Ueberall wird man angebettelt, besonders im Stadtzentrum. So bin ich froh, als ich endlich wegkomme.

Die erste Etappe reicht nur 30 km weit. In der Hitze ist nicht mehr drin. Wir sind allerdings auch erst am Nachmittag losgefahren. Schon in der ersten Nacht stellen wir das Zelt auf, da kein Hotel weit und breit. Auch am nächsten Tag fahren wir nur 40 km, da unser erstes Ziel Ambatolampy erscheint. Dort bleiben wir gleich drei Tage. Wir besuchen ein Projekt der deutschen Entwicklungshilfe zur Wiederaufforstung, schauen uns den grossen Markt an und gucken in kleine Aluschmelzen, in denen aus alten Büchsen wieder Töpfe gemacht werden. Der Hit ist allerding eine Popcornmaschine, bei der Mais in einen massiven Topf gegeben wir, dieser fest verschlossen auf das Feuer kommt und anschliessend unter einem lauten Knall in einer Holzhütte geöffnet wird. Die Popkörner werden dann mit einem Besen zusammengekehrt und verkauft.

Die nächste Etappe führt 90 km durch das Hochland nach Antsirabe. Die Stadt ist recht gross und bekannt für die Edelsteinschleifereien. Ausserdem ist es die "Hauptstadt der Pousse-Pousse", einer Art Rikscha. Als wir das Hotel verlassen, kommen gleich fünf von ihnen angerannt und bieten ihre Dienste an. Bis wir uns entschieden haben, werden 20 daraus. Alle preisen ihr Fahrzeug und rufen den Namen oder die Nummer. Schliesslich einigen wir uns auf einen Preis und steigen ein. Am Ende gibt es dann doch noch Aerger, da der Fahrer sich einiges mehr von uns reichen Touristen erhofft hat.

Ambositra ist unser nächster Ort. Anfangs gehts meist bergab, am Schluss nur noch bergauf. Der Ort gibt nicht viel her, trotzdem bleiben wir auch hier zwei Tage - wir haben ja Zeit. Ich zitiere hier mal mein Tagebuch, um einen Eindruck von der Gegend zu geben: Pflanzen mit grossen Blättern und fremden Früchten, Schmetterlinge in allen Farben, die Nacht voller seltsamer Geräusche, der Orion fast im Zenith, Gerüche wie auch in Indien, ein Lächeln, vielmehr ein Lachen in fast jedem Gesicht, selbst wenn es in Lumpen gekleidet daherkommt. Alles Leben auf der Strasse, Garküchen, Fruchstände, Plastikschuhe, Ersatzteile für Fahrrad und Auto neben Plastikpanzern und Sonnenbrillen. Alles wird verwerte, verkauft, gehandelt, gebraucht. Und wieder ein Lachen, ein Mädchen genauer angeschaut, "Salama" und schon lacht es wieder und versteckt sich schnell hinter Kollegin oder Mutter. Ein Lachen für mich.

Das nächste Kaff heisst Ambohimaha und ist auch über 90 km weit weg. Dazwischen liegen Pässe und Täler. Reisterassen, wenig Wald, einige Zebuherden. Unser Hotel ist eine Taxi-Be Haltestelle mit integriertem Fastfood. Es gibt Reis und etwas Gemüse, unser Standartmenu. Thomas ist auch Vegetarier und so fallen all die Zebusteaks in allen Varianten weg. Dusche gibts keine, ein Eimer Wasser muss genügen. So fahren wir gleich am nächsten Tag nach Fianarantsoa, kurz Fianar.

Das Hotel ist von der besseren Sort, kostet umgerechnet etwa 22 Franken. Es hat sogar Internetanschluss. Das scheint allerdings nicht geklappt zu haben. Fianar ist eine richtig grosse Stadt mit viel Verkehr. Es liegt auch in den Hügeln, ähnlich wie Tana. Viele Franzosen haben sich hier niedergelassen. Es ist auch das katholische Zentrum der Insel. Dazu eine kleine Geschichte: Ein Junge aus einer Kinderschar, die uns längere Zeit begleitet, will fotografiert werden. Es ist schon ziemlich spät und ich sage ihm, dass nicht genügen Licht da sei. So rennt er ins Haus und kommt mit einem gemalten Plakat wieder auf dem mehrere Kerzen und Oellampen abgebildet sind mit dem Spruch "Ich bin das Licht". In Fianar gehe ich noch zum Frisör und lasse mir die Haare schneiden. Barbiere wie sie in Indien an jeder Strassenecke zu finden sind, gibt es hier keine, so laufe ich halt mit Bart rum.

Anfang April treffen wir in Ambalavao ein. Der Ort sagt uns nicht zu, obwohl er im Reiseführer gepriesen wird. So fahren wir am nächsten Tag weiter zu einem riesigen Monolith. Dort stellen wir das Zelt auf. Mein Holzkocher kommt das erste mal zu einem Einsatz. Uebernachten tue ich draussen unter dem Moskitonetz, welches ich zwischen Zelt und Fahrrad spanne. Die Nacht ist voller Sterne und mit fantastischer Geräuschkulisse. Vögel, Grillen, fallendes Obst. So langsam fängt der Süden an. Die Landschaft wird weiter und steppenartig. Kaum noch Bäume, weniger Dörfer. Die Strasse ist aber immer noch top - kaum Verkehr, super Belag.

In Ihosy siehts dann endgültig anders aus. Es hat viele Kakteen, alles ist staubiger und auch heisser. Die Siesta dauert hier richtig lang, das Leben spielt sich am Morgen und Abend ab. Früchte und Gemüse beginnen Mangelware zu werden. Unser Frühstück bestehend aus Baguette, Avokado und Tomaten mit einigen Bananen zum Dessert ist nur schwer aufzutreiben. Auch hier bleiben wir einige Tage und geniessen das etwas bessere Hotel.

Die nächste Etappe führt erstmals über Piste. Nach einer langen Steigung von 14 km fängt sie an. 40 km lang mal Sand, mal Wellblech, dann wieder sehr gut zu fahrende Teile. Thomas hat mit seinem Bike weniger Probleme, als ich mit meinem Strassenkreuzer - dafür hatte ich auf der Strasse immer leichten Vorteil. Kurz vor Ende mache ich noch einen Abgang, weil ich eine tiefe Spur übersehen habe. Meine Hüfte schmerzt und am Ellbogen habe ich Schürfungen. Beim Blick in meine Lenkertasche sehe ich, dass sich die Kekse in Mehl verwandelt haben und überall rumstauben. So kommen wir in Ranohira an, am Rand des Isalo-Nationalparks. Wir erkundigen uns gleich nach Touren und geraten an einen Guide, der deutsch kann. Wir wollen eigentlich mit dem Zelt in den Park, er erzählt, dass sei fast nicht zu machen, habe Schwärme von Mücken. Der eigentliche Grund ist aber, dass er am Samstag nicht mitkommen kann, da er Adventist ist. Dies teilt er uns natürlich erst Freitag abend mit, er will ja zumindest das Freitagsgeschäft retten. So buchen wir eine Tagestour, sehen dabei die ersten Lemuren und eine grandiose, bizarre Felslandschaft. Leider schmerzt meine Hüfte immer noch und mein Magen beginnt noch zu spinnen, so ist das Vergnügen nicht ganz so gross. In einem Monat dritte Welt nur eine kleine Magenverstimmung ist glaube ich keine schlechte Bilanz - Sonnenbrand und letzte Grippereste in Tana trüben das Bild auch nur minimal. So mache ich einen Ruhetag, bevor es nach Sakaraha weitergeht.

Dort werden Safire, welche in der Gegend zu finden sind gehandelt. Unser Hotel ist voll auf diese Kundschaftausgerichtet. Die Hotelzimmer werden meist nicht zum Schlafen, sondern um Steine zu prüfen und handeln benutzt. Viel merken wir allerdings nicht davon, da wir erst beim Eindunkeln eintreffen und total KO sind nach den 110 km durch brütende Hitze. Auch der nächste Tag mit 120 km ist eine Riesenetappe. Immerhin geht es meist bergab - mit Gegenwind.

Das Arboretum ist eine Sammlung von Pflanzen des Südens. Es wurde von einem Schweizer angelegt, der diesen März gestorben ist. Die Sammlung ist sehr umfangreich und wir werden fachkunding rumgeführt. Die Uebernachtungsmöglichkeiten sind auch nicht schlecht, allerdings Kerzen statt Strom.

Die letzten paar Kilometer ans Meer nach Toliara sind auch bald geschafft. Hier hat es viele Hotels und wir schauen uns einige an, bis wir das runtergekommene Nobelhotel Tropical wählen. Der Preis ist deutlich unter dem Schnitt (10 Franken), dafür kommt der Putz von den Wänden. Die Stadt ist sehr grosszügig gebaut. Es hat zwar einigen Verkehr, der stört aber kaum. Es ist allerdings sehr heiss und schwül hier.


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